Die 4P im Marketing: Obsolet oder noch relevant?

Die einzige Konstante im Marketing ist der ständige Wandel. Es gibt kaum Konzepte, die über einen längeren Zeitraum hinweg relevant bleiben und in der Praxis angewandt werden. Eines der wenigen ist der klassische Marketing-Mix mit den 4P.

Die einzige Konstante im Marketing ist der ständige Wandel. Da sich unsere Branche stetig weiterentwickelt, kommen und gehen Konzepte, Tools und ganze Plattformen. Es ist schwer vorstellbar, dass einige Theorien auf lange Sicht relevant und unersetzlich sind. Bei Proficio kennen wir aber zumindest eine: Die klassische Marketing-Mix Zusammensetzung der 4P!

Bei Proficio sind wir ständig bemüht, die Dienstleistungen und Produkte, die wir unseren Kunden anbieten, weiterzuentwickeln und innovativ zu erneuern. Wir verfolgen Trends und wollen sie auch setzen. Aber wir glauben auch, dass man das Rad nicht neu erfinden muss, wenn ein Marketing-Tool oder ein Ansatz funktioniert.

Die gleiche Einstellung haben wir auch zu den 4P, einem Konzept, das in den 50er Jahren von Neil Borden populär gemacht und in den 60ern weiter von Jerome E. McCarthy geprägt wurde. Ist dieses Konzept also alt? Zweifelsohne. Aber ist es obsolet? Weit gefehlt! Für das grundlegende Verständnis und den anschließenden Aufbau eines Marketing-Mixes eignen sich die 4P immer noch sehr gut und werden das wahrscheinlich noch lange tun.

Bei der Gründung eines Unternehmens oder bei der Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung in den Markt sollten Sie sich als Unternehmer:in deshalb folgende Fragen stellen:

  • Product: Ist Ihr Produkt auf dem Markt relevant? Welche USPs hat es? Warum sollte ein Konsument Ihr Produkt kaufen?
  • Price: Ist der Preis wettbewerbsfähig? Ist die Marge ausreichend, um Unternehmenswachstum zu finanzieren?
  • Place: Wo verkaufen Sie Ihr Produkt? Wo sind Ihre Kunden?
  • Promotion: Wie und an wen kommunizieren Sie Ihr Produkt? Hilft Werbung Ihnen, Ihre Geschäftsziele zu erreichen?

1P - Produkt

Beim ersten P handelt es sich nicht nur um das physische Produkt, das Sie verkaufen. Ein Produkt ist das, wofür der Kunde zahlt. Dazu gehören auch immaterielle Faktoren wie z. B. der Kundendienst nach dem Kauf, die Lieferzeit oder die länge der Garantie. Das Produkt oder die Dienstleistung eines Einzelhändlers (sowohl offline als auch online) ist dann in der Regel nicht die Ware alleine, sondern alles, was sie umgibt.

Wie also schafft man ein erfolgreiches Produkt? Es gibt zwei Optionen:

  • Eine Lücke schließen: Kundenbedürfnisse mit einem Produkt befriedigen, das es so auf dem Markt noch nicht gibt.
  • Innovation: Mit einer völlig neuen Erfahrung aufwarten und damit direkt neue Nachfrage schaffen.

Es ist daher äußerst wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe und deren einzigartige Bedürfnisse genau kennen.

Versuchen wir, uns 1P - Produkt anhand eines konkreten Beispiels vorzustellen. Sie wollen zum Beispiel Computer verkaufen. Ihre Kunden kaufen nicht das Produkt, sondern eine Lösung für ein spezielles Problem oder Bedürfnis: Ein Grafikdesigner benötigt eine leistungsstarke Grafikkarte für seine Arbeit, einem Gamer sind starke Prozessleistung wichtig, um die neuesten Computerspiele zu spielen, und einem Berater im Außendienst ist ein leichtes, kompaktes Design am wichtigsten. Andere materielle Faktoren wie die Produktverpackung, das Design oder Material fließen auch in die Kaufentscheidung Ihrer Kunden mit ein.

Der Kunde kauft oft nicht nur Hardware, sondern bezieht auch immaterielle Leistungen wie die Garantie, den Installationsservice oder den After-Sales-Prozess in die Kaufentscheidung mit ein.

Wenn Sie kein Hersteller, sondern ein reiner Händler sind, dann haben Sie wenig oder gar keinen Einfluss auf physische Produktmerkmale. Allerdings können Sie Ihren Kunden verlängerte Garantie, kostenlose Installation oder gar Eintausch oder Rückkauf eines alten Produkts anbieten - auch all diese Dinge sind Teil des Produkts, so wie es ein potentieller Kunde wahrnimmt.

Eine weitere Komponente, die Sie nicht außer Acht lassen sollten, sind Komplämentärprodukte. Gibt es neben den Produkten, die Sie bereits im Sortiment führen zusätzliche Dienstleistungen oder Produkte, die Sie aufnehmen könnten, um Ihren Kunden alles aus einer Hand anzubieten?

2P - Preis

Bei der Vermarktung eines Produkts oder einer Dienstleistung ist es wichtig, einen Preis zu wählen, der sowohl wettbewerbsfähig im Markt als auch profitabel für Sie ist. Die Preisgestaltung hat einen erheblichen Einfluss auf den Gesamterfolg des Produkts und sogar Ihres gesamten Unternehmens. 

Eine Umsatzsteigerung oder Kostensenkung um 10 % bringen Ihnen in der Praxis oft weniger Gewinn, als eine 10 %-ige Preissteigerung.

Sagen wir, Sie verdienen 50 € an einer Bestellung mit einem Produktpreis von 500 € (Marge). Angenommen Sie bekommen 100 Bestellungen, machen Sie also einen Gewinn von 50.000 €.

  • Option 1: Sie steigern Ihren Umsatz um 10 %. Sie bekommen 110 Bestellungen und steigern Ihren Gewinn also um 500 € auf 50.500 €.
  • Option 2: Sie steigern die Effizienz Ihrer Kampagnen um 10 %. Die Marge erhöht sich dadurch also von 50 € auf 55 € und Ihr Gewinn steigt auch um 500 € auf 50.500 €.
  • Option 3: Sie steigern den Produktpreis um 10 % - von 500 € auf 550 €. Ihre Gewinnmarge aus jeder Bestellung steigt von 50 € auf 100 €. Der Gesamtgewinn erhöht sich dadurch um ganze 5.000 € auf 10.000 €!

Preisanpassungen müssen aber sorgfältig geplant und durchdacht sein, sonst droht im Falle einer zu hohen Preissteigerung Umsatzverlust durch weniger Verkäufe, und im Falle einer zu großen Preissenkung, die Abwertung Ihrer Marke. Zum Beispiel stellen Kunden bei Luxusgütern mit einem als zu niedrig empfundenen Preis die Qualität des Produkts in Frage.

3P - Place (Vertrieb)

Sie haben sich um das Produkt und den Preis gekümmert, jetzt geht es um den Vertrieb. Machen Sie sich Gedanken darüber wie und wo Ihre Kunden Ihr Produkt am einfachsten finden und liebsten einkaufen möchten. Online oder offline oder beides? Regional, national oder international? Im Einzelhandel oder Direktverkauf? Diese Fragen stellen sich nicht nur zu Beginn sondern sind ein Thema, mit dem Sie sich fortlaufend beschäftigen müssen denn immer wieder kommen neue Vertriebskanäle hinzu oder das Kaufverhalten der Kunden ändert sich.

Einfach gesagt: Sie brauchen ein schönes und übersichtliches Schaufenster. Online und offline. Ein Ort, an dem Sie Ihr Kunde schnell findet, Ihr Produkt kennenlernen und kaufen kann.

Wie der Kunde den Shop und die Qualität der von Ihnen erbrachten Dienstleistung empfindet, ist auch ein Teil dessen, wofür er zahlt und warum er zu Ihnen kommt.

Im Falle von Online-Verkauf hat die Website und ihre Funktion als Vertriebskanal auch einen direkten Einfluss auf das vierte P, Promotion. Sie können geniale Werbekampagnen schalten, die Kunden mit kreativen Anzeigen und tollen Promotionen begeistern, aber wenn Sie sie dann auf einen unübersichtlichen Verkaufskanal (die Webseite) leiten, ist das Risiko groß, dass der Kunde abspringt.

Vergessen Sie nicht, dass Online-Kampagnen Kunden auch zum Offline-Kauf in einem Shop führen können. Deshalb muss auch dort der POS (Point of Sale) fortlaufen optimiert werden.

4P - Promotion (Werbung)

Die Werbung steht an letzter Stelle, ist aber nicht weniger wichtig: Sie haben ein gut durchdachtes Produkt zu einem attraktiven Preis und möchten dieses nun verkaufen; dazu müssen Sie Ihrer Zielgruppe das neue Produkt vorstellen und sie zum Kauf animieren.

Werbung kann sehr vielfältig sein und es ist wichtig, dass Sie die richtigen Formate für Ihr Unternehmen und Ihr Produkt finden. Im Rahmen des Online-Marketings können Sie zum Beispiel Performance Marketing, Content Marketing, E-Mailing und Social Media Marketing angehen. Im Offline-Bereich können Sie es mit klassischer Print- und TV-Werbung versuchen.

Das Ziel eines gut abgestimmten Werbe- und Marketing-Mixes besteht jedoch nicht darin, alle Disziplinen und Formate auszuprobieren, die es gibt. Ganz im Gegenteil.

Sie sollten sich gut vorbereiten und Ihren Fokus finden. Recherchieren Sie Ihre Zielgruppe, den Markt und den Wettbewerb. Gehen Sie analytisch vor. Schauen Sie sich Ihre Daten und Zahlen genau an und basieren Sie Entscheidungen auf Tatsachen. Finden Sie die richtige Balance zwischen Performance-Maßnahmen und Branding-Kampagnen.

Unser Fazit

Keines der 4 Ps im Marketing sollte außer Acht gelassen werden, denn ohne ein attraktives Produkt hilft auch die beste Werbekampagne nichts. Und ohne geeignete Verkaufsstellen ist jeder Werbe-Eure verschwendet, denn Ihre Kunden können nicht kaufen, auch wenn sie das gerne möchten. Es handelt sich also um ein Gesamtkonzept, dessen Komponenten nicht als Einzelsäulen, sondern nur im Zusammenhang bewertet werden können.

Marketingstrategie 13. 02. 2022